Zur Gruppe der Sehstörungen zählen Blindheit, hochgradige Sehbehinderung und Sehbehinderung. Sie können durch angeborene und erbliche Veränderungen des Auges, durch Verletzungen oder Erkrankungen des Sehnervs oder der Netzhaut entstehen.
Blindheit
Nach landläufiger Meinung ist derjenige blind, der keinen Lichtschein wahrnehmen kann und demzufolge gar nichts sieht. Auch in der medizinischen Wissenschaft wird Blindheit häufig so eng definiert. In der Praxis reicht eine solche Bestimmung oft nicht aus. Daher gelten zum Beispiel Personen, die sich in Ausbildung und Beruf wie Blinde verhalten und auf entsprechende Blindentechniken angewiesen sind, als blind, auch wenn sie noch über ein gewisses Restsehvermögen verfügen. In der Augenheilkunde und im Sozialrecht gilt derjenige als blind, dem das Augenlicht vollständig fehlt oder dessen Sehschärfe auf weniger als 2 Prozent des normalen Sehvermögens herabgesetzt ist. Eine vorliegende Blindheit wird als Schwerbehinderung – auch im Hinblick auf Nachteilsausgleiche – mit dem Merkzeichen Bl in den Schwerbehindertenausweis eingetragen.
Hochgradige Sehbehinderung
Als hochgradig sehbehindert werden Menschen bezeichnet, deren Sehschärfe auf 5 Prozent bis 2 Prozent der Norm herabgesetzt ist. Die Probleme hochgradig sehbehinderter Menschen unterscheiden sich kaum von den Problemen blinder Menschen. Deshalb können sie blinden Menschen gleichgestellt werden, wenn sie sich in Ausbildung und Beruf wie blinde Menschen verhalten und auf entsprechende technische Arbeitshilfen angewiesen sind.
Sehbehinderung
Sehbehindert sind Menschen, deren Sehschärfe trotz Korrekturen durch optische Hilfsmittel, zum Beispiel Brillen und Kontaktlinsen, auf dem besseren Auge nicht mehr als 30 Prozent beträgt, oder wenn Ausfälle des Gesichtsfeldes, Störungen des Lichtsinns, des Farbensinns und der Augenbewegungen von entsprechendem Schweregrad vorliegen.
Berufliche Möglichkeiten: Es ist entscheidend, ob die Behinderung von Geburt an vorliegt oder erst im späteren Leben eintritt. Die seit Geburt blinden und früh erblindeten Menschen müssen sich von Beginn ihres Lebens an auf das fehlende Sehvermögen einstellen. Sie erlernen die Blindenschrift Braille, werden in ihrer Mobilität trainiert und frühzeitig im Umgang mit entsprechenden modernen Techniken geschult. Für späterblindete Menschen ist der Verlust der Sehkraft ein tief greifender Einschnitt im Leben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Erblindung plötzlich eintritt. Aber auch der sich über einen längeren Zeitraum entwickelnde Verlust des Sehvermögens – etwa infolge eines Diabetes mellitus – bedeutet eine Veränderung der gewohnten Lebensbezüge und häufig auch eine Aufgabe des bisher ausgeübten Berufes. Mit zunehmendem Alter fällt es schwerer, die Blindenschrift zu erlernen und die Mobilität zu erhalten.
Im Arbeitsleben zu beachten: Frühere Untersuchungen belegen, dass blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt besonders benachteiligt waren. Zum einen deshalb, weil das Spektrum beruflicher Tätigkeiten behinderungsbedingt begrenzt ist. Außerdem werden in den vergangenen Jahren traditionelle „Blindenberufe“, wie Telefonist oder Stenotypist, kaum noch nachgefragt. Andererseits haben sich neue berufliche Perspektiven eröffnet: in der IT-Branche zum Beispiel für Fachinformatiker, IT-Kaufleute oder Webdesigner. Auch Callcenter sind ein Zukunftsmarkt für blinde Menschen. Gleichzeitig entstehen neue Berufsbilder und Einsatzfelder, zum Beispiel die medizinische Tastuntersucherin in der Brustkrebsfrüherkennung oder die Schreibkraft mit einer Zusatzqualifikation für das Verfassen medizinischer Fachtexte.
Technische Arbeitshilfen: Die neuen technischen Entwicklungen können gute Dienste leisten.
- Die Braillezeile am Computer erschließt auch blinden Menschen den Zugang zu Daten und ihrer Verarbeitung.
- Gedruckte Texte können mithilfe von Scannern eingelesen und mit einem Brailledrucker in Blindenschrift ausgedruckt werden.
- Optische Signale können durch akustische Signale ersetzt werden.
- Zusätzlich können Spracheingabe und Sprachausgabe genutzt werden.
- Hochgradig sehbehinderten Menschen stehen für verbesserte Darstellungsmöglichkeiten Großbildsysteme zur Verfügung, die eine pixelweise Vergrößerung des Computerbildes ermöglichen.
Persönliche Hilfen: Trotz dieser technischen Fortschritte kann auf persönliche Hilfe nicht verzichtet werden.
- Bei manchen Tätigkeiten ist eine Arbeitsassistenz, zum Beispiel eine Vorlesekraft, unentbehrlich.
- durch ein Mobilitätstraining kann zwar ein großes Maß an selbstständiger Orientierung erreicht werden. Änderungen in der Arbeitsumgebung machen aber auch hier persönliche Unterstützung nötig.
- Auch bei optimaler Arbeitsplatzgestaltung müssen zusätzliche Hilfen angeboten werden. Sind sehende im Umgang mit blinden Menschen unsicher, sollte offen angesprochen werden, welche Hilfen notwendig sind und erwartet werden.
Berufliche Rehabilitationseinrichtungen: Spezifische Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke für blinde und sehbehinderte Menschen bieten berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Berufsausbildungen sowie Umschulungen (Berufliche Weiterbildung) an. Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter mit ihren Technischen Beratungsdiensten und die Integrationsfachdienste arbeiten eng mit diesen Einrichtungen zusammen. Hier können neue Techniken erprobt und ihre Anwendung trainiert werden. Die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation führen auch in neue Tätigkeitsfelder ein.
Zugänglichmachung von Dokumenten: Verordnungen zur Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Menschen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und den Landesgleichstellungsgesetzen sehen vor, dass blinden und sehbehinderten Menschen Dokumente (Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke) in einfacher und verständlicher Weise zugänglich gemacht werden. Dies kann zum Beispiel schriftlich, elektronisch, akustisch oder mündlich geschehen. Werden Dokumente in schriftlicher Form zugänglich gemacht, erfolgt dies in Blindenschrift oder Großdruck. Geschieht dies auf elektronischem Weg, sind die Standards der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0, vergleiche Barrierefreiheit) maßgebend. Kosten beziehungsweise Gebühren werden hierfür nicht erhoben.
Version vom: 11.12.2018